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Die Geschichte des Dresdner Christstollens

Die Geschichte des Dresdner Christstollens – Eine köstliche Zeitreise durch die Jahrhunderte


Der Dresdner Christstollen, auch als „Striezel“ bekannt, ist mehr als nur ein weihnachtliches Gebäck – er ist ein Symbol für Handwerkskunst, festliche Traditionen und eine Geschichte, die sich über Jahrhunderte erstreckt. Kaum ein anderes Weihnachtsgebäck ist so eng mit einer Stadt und ihrer Kultur verbunden wie der Dresdner Stollen. In diesem Blogpost begeben wir uns auf eine Zeitreise und beleuchten die faszinierende Entwicklung und Bedeutung des Dresdner Christstollens.

Original Dresdner Christstollen

Die Anfänge des Christstollens – Ein einfaches Fastengebäck


Die Ursprünge des Christstollens reichen bis ins Mittelalter zurück, in eine Zeit, in der das Christentum und die damit verbundenen religiösen Traditionen das Leben der Menschen maßgeblich bestimmten. Der Stollen war ursprünglich ein einfaches Gebäck, das zur Adventszeit gebacken wurde – damals jedoch weit entfernt von dem üppigen, süßen Brot, das wir heute kennen.


Die Adventszeit galt im Mittelalter als Fastenzeit, und die Vorschriften der Kirche untersagten den Genuss von Butter, Milch oder anderen gehaltvollen Zutaten. Daher bestand der Stollen zu dieser Zeit lediglich aus Mehl, Wasser und Hefe – eine eher karge und trockene Angelegenheit, die wenig mit dem heutigen Stollen gemein hatte. Der frühe Stollen diente vor allem als Symbol für die Besinnung und Entbehrung während der Fastenzeit.


Der „Butterbrief“ und die Wende in der Stollenherstellung


Die entscheidende Wende in der Geschichte des Christstollens kam im Jahr 1491. Die sächsischen Kurfürsten Ernst und Albrecht, die das trockene und wenig schmackhafte Fastengebäck leid waren, wandten sich an Papst Innozenz VIII. und baten um die Erlaubnis, Butter und Milch in den Stollenteig mischen zu dürfen. Der Papst stimmte diesem Wunsch zu und erließ den sogenannten „Butterbrief“. Allerdings war diese Genehmigung mit einer Auflage verbunden: Eine Bußzahlung an das Bautzner Bistum war fällig. Fortan durften die Menschen in Sachsen Butter verwenden, was den Stollen deutlich schmackhafter machte.


Dieser „Butterbrief“ markierte einen Wendepunkt in der Geschichte des Christstollens. Die Zugabe von Butter verlieh dem Gebäck eine weiche, reichhaltige Konsistenz und bereitete den Weg für die Verwendung weiterer edler Zutaten wie Zucker, Mandeln, Rosinen und Gewürze. Der Stollen verwandelte sich von einem Fastengebäck in ein Festtagsgebäck, das zunehmend luxuriöser und gehaltvoller wurde.


Zutaten für das Backen eines Dresdner Christstollens

Die Blütezeit des Dresdner Stollens im Barock


Besonders während der Blütezeit des Barocks im 17. und 18. Jahrhundert erlebte der Dresdner Christstollen einen Aufschwung und avancierte zu einem Symbol des Wohlstands und des sächsischen Hofes. Zur Weihnachtszeit wurde der Stollen zu einem festen Bestandteil der festlichen Tafeln des sächsischen Adels, und seine Herstellung wurde zunehmend verfeinert. Besonders der sächsische Kurfürst und spätere König von Polen, August der Starke, war für seine opulenten Feste bekannt, bei denen der Christstollen eine herausragende Rolle spielte.


Kupferstich des Zeithainer Riesenstollens
Kupferstich des Zeithainer Riesenstollens (WikiCommons)

Ein besonderes Ereignis in der Geschichte des Stollens ist das **Riesenstollenfest** im Jahr 1730. August der Starke veranstaltete zu Ehren seiner Gäste das sogenannte „Zeithainer Lustlager“, eine gigantische Parade und Festivität, die mehrere Wochen dauerte. Für diese Feierlichkeiten ließ er einen gigantischen Stollen backen, der angeblich mehr als 1,8 Tonnen wog. Der riesige Stollen wurde mit Hilfe eines speziellen Messers, das über 1,5 Meter lang war, angeschnitten. Dieses Messer kann noch heute im Dresdner Stadtmuseum bewundert werden.


Der Weg zum „Original Dresdner Christstollen“


Mit der Zeit entwickelte sich der Dresdner Christstollen zu einer unverwechselbaren Spezialität. Die Rezeptur wurde immer weiter verfeinert, und bald galt er als das „Original“, das von den besten Bäckern der Stadt zubereitet wurde. Bereits im 19. Jahrhundert wurde der Dresdner Stollen auch über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt und als besondere Weihnachtsdelikatesse geschätzt.


Im Jahr 1910 erhielt der „Dresdner Stollen“ erstmals offiziell seinen Markennamen, der ihn von anderen Stollen abgrenzte. Immer mehr Bäckereien in Dresden spezialisierten sich auf die Herstellung des Christstollens, wobei jede ihren eigenen Kniff und geheime Familienrezepte verwendete. Trotz unterschiedlicher Varianten blieben bestimmte Grundzutaten und Herstellungsverfahren unverändert, was bis heute die hohe Qualität und den einzigartigen Geschmack des Dresdner Stollens garantiert.


Der Dresdner Stollen im 20. und 21. Jahrhundert


Der Ruhm des Dresdner Christstollens setzte sich auch im 20. Jahrhundert fort. Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg war der Stollen ein beliebtes Exportgut, das vor allem in die Vereinigten Staaten und nach Großbritannien verschickt wurde. Trotz der schweren Zeiten während des Krieges und der Nachkriegsjahre blieb der Stollen ein fester Bestandteil der Weihnachtszeit, wenn auch mit eingeschränkten Zutaten.


In der Nachkriegszeit erlebte der Dresdner Christstollen einen neuen Aufschwung. 1991, nach der Wiedervereinigung Deutschlands, wurde das „Dresdner Stollensiegel“ eingeführt, um die Qualität und Echtheit des Stollens zu schützen. Dieses Siegel garantiert, dass der Stollen nach traditionellen Rezepten ausschließlich in der Region Dresden hergestellt wird. Nur Stollen, die den strengen Vorgaben des Schutzverbandes Dresdner Stollen e.V. entsprechen, dürfen das Siegel tragen.


Das Original Stollensiegel im Verbund mit  dem Siegel für die geografisch geschützte Angabe
Das Original Stollensiegel im Verbund mit dem Siegel für die geografisch geschützte Angabe

Im Jahr 2010 wurde der Dresdner Christstollen zudem als geografisch geschützte Angabe von der Europäischen Union anerkannt. Dies bedeutet, dass nur Stollen, die im Großraum Dresden hergestellt wurden, als „Original Dresdner Christstollen“ verkauft werden dürfen. Dies stellt sicher, dass die jahrhundertealte Tradition und die handwerkliche Qualität auch in Zukunft bewahrt bleiben.


Die Tradition des Dresdner Stollenfests


Ein Höhepunkt der Dresdner Vorweihnachtszeit ist das jährlich stattfindende **Stollenfest**, das jeweils am Samstag vor dem zweiten Advent im Rahmen des berühmten Striezelmarktes gefeiert wird. Das Stollenfest erinnert an das historische Riesenstollenfest von August dem Starken und zieht jedes Jahr Tausende Besucher aus der ganzen Welt an.


Bei diesem Fest wird ein riesiger Stollen – oft mehrere Meter lang und mehrere Tonnen schwer – durch die Dresdner Altstadt gefahren, begleitet von festlich geschmückten Kutschen, Musikern und Bäckern in historischen Kostümen. Der Höhepunkt des Festes ist das feierliche Anschneiden des Riesenstollens auf dem Schlossplatz mit einem überdimensionalen Stollenmesser. Die Stollenstücke werden anschließend verkauft, und die Einnahmen kommen wohltätigen Zwecken zugute.


Nachbildung des großen Stollenmessers aus dem Zetihainer Lager, welches noch heute für die Zeremonie des Stollenfestes verwendet wird.
Nachbildung des großen Stollenmessers aus dem Zetihainer Lager, welches noch heute für die Zeremonie des Stollenfestes verwendet wird. (Foto: Paulae, WikiCommons)

Der Dresdner Christstollen heute – Ein Botschafter der sächsischen Weihnachtstradition


Heute ist der Dresdner Christstollen mehr als nur ein Weihnachtsgebäck – er ist ein Stück sächsischer Kultur und ein Botschafter der Dresdner Weihnachtstraditionen. Rund 130 Bäckereien und Konditoreien in und um Dresden stellen jährlich mehr als drei Millionen Stollen her, von denen viele weltweit verschickt werden.


Durch die sorgfältige Auswahl der Zutaten und die traditionelle handwerkliche Herstellung ist der Dresdner Stollen nach wie vor ein Synonym für Qualität und Geschmack. Viele Familien verbinden den Stollen mit Erinnerungen an vergangene Weihnachtsfeste, und das gemeinsame Anschneiden eines Stollens gehört für viele Menschen zur festlichen Tradition.


Fazit: Ein Gebäck mit Geschichte und Seele


Der Dresdner Christstollen hat eine lange und bewegte Geschichte, die sich über mehr als 600 Jahre erstreckt. Vom einfachen Fastengebäck hin zum reichhaltigen Weihnachtsgebäck, das auf der ganzen Welt geliebt wird, hat sich der Stollen stets weiterentwickelt, ohne dabei seine Wurzeln zu vergessen.


Ob auf dem Dresdner Striezelmarkt, beim Stollenfest oder als Geschenk aus der Ferne – der Dresdner Christstollen bleibt ein Symbol für Handwerkskunst, weihnachtlichen Genuss und gelebte Tradition. Wer in der Weihnachtszeit einen Bissen dieses saftigen, aromatischen Gebäcks genießt, schmeckt nicht nur Butter, Zucker und Rosinen, sondern auch ein Stück sächsische Geschichte.

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